Ob
Sie nun beispielsweise ein Haus bauen, eine Küche errichten oder ein Auto
reparieren lassen, immer bildet die vertragliche Grundlage ein Werkvertrag. Damit
stellt sich zugleich die Frage, welche Gewährleistungsrechte hat man als
Auftraggeber gegenüber dem Unternehmer – Auftragnehmer.
Hierzu
hat nunmehr das OLG Hamm eine durchaus
interessante Entscheidung getroffen. Sachlich war die Frage zu klären,
ob der Auftraggeber bereits vor der Abnahme gegenüber dem Auftragnehmer einen
Anspruch auf Erhebung der Mängelansprüche hat. Im konkreten Fall hatte der
Auftraggeber eine Klage auf Kostenvorschuss gegenüber dem Auftragnehmer
erhoben. Hierfür sah das Gericht folgende Voraussetzungen als notwindig an.
Aus den Gründen …
a) Mängelrechte vor
Abnahme der Werkleistung
Entgegen der Ansicht
der Beklagten steht dem geltend gemachten Vorschussanspruch nicht die
unstreitig fehlende Abnahme der Arbeiten der Beklagten durch die Klägerin
entgegen. Dies führt nicht dazu, dass sich das Vertragsverhältnis deswegen
immer noch auf der "Erfüllungsebene" befindet und die Klägerin
mangels Abnahme keinen Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung fordern kann.
Zwar wird die Frage, ob dem Besteller vor der Abnahme Mängelrechte zustehen
können, kontrovers beurteilt (vgl. zum Meinungsstand nur: Pastor, in:
Werner/Pastor, Der Bauprozess (14. Aufl.), Rdnr. 2069; Krause-Allenstein, in:
Kniffka u.a., Bauvertragsrecht (1. Aufl.), § 634 Rdnr. 10 f. - jeweils mit
zahlreichen weiteren Nachweisen). Allerdings wird dabei jedenfalls in
Ausnahmefällen mehrheitlich eine Rückgriff des Bestellers auf die Mängelrechte
auch schon vor der Abnahme befürwortet, wenn der Unternehmer sein Werk als
fertiggestellt angesehen sowie abgeliefert hat, der Besteller im Gegenzug
jedoch die Abnahme wegen Mängeln verweigert und der Unternehmer wiederum eine
(weitere) Mängelbeseitigung endgültig abgelehnt hat (vgl. OLG Köln, NJW 2013, 1104 (1105); OLG
Brandenburg, NJW-RR 2011, 603 (604)
[sehr weitgehend]; Krause-Allenstein, in: Kniffka u.a., Bauvertragsrecht (1.
Aufl.), § 634 Rdnr. 11; Pastor, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess (14. Aufl.),
Rdnr. 2069 f.; Palandt/Sprau, BGB (73. Aufl.), Vorb v § 633 Rdnr. 7 - jeweils
mwN). Diese Auffassung hält auch der Senat für richtig, weil der Auftraggeber
ansonsten in einer derartigen Situation sinnwidrig zur Abnahme einer von ihm
für mangelhaft gehaltenen Leistung gezwungen wäre, um vom
nachbesserungsunwilligen Auftragnehmer die Mittel für eine Selbstvornahme der
Mangelbeseitigung fordern zu können. Da die zuletzt genannten Voraussetzungen
hier vorliegen, kann die Klägerin Vorschuss zur Mängelbeseitigung auch schon
vor der Abnahme verlangen.
Die Werkleistung der
Beklagten ist nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme
mangelhaft i.S.d. § 13 Abs. 1 VOB/B. …
ee) Die zuletzt
genannten Erscheinungen - insbesondere das Hochstehen der Platten
("Überzähne" bzw. Stolperkanten) sowie das Entstehen von Pfützen bei
Regen (Glättegefahr vor allem im Winter) - stellen erhebliche Mängel der
Werkleistung der Beklagten dar. Der Unternehmer schuldet nach ständiger Rechtsprechung
des BGH eine dauerhafte Gebrauchs- und Funktionstauglichkeit seiner
Werkleistung (diese Funktionalität verortet der BGH innerhalb der vertraglich
vereinbarten Beschaffenheit gemäß § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB bzw. § 13
Abs. 1 Satz 2 VOB/B, vgl. nur: BGH, BauR 2008, 344, juris Rdnr. 15
mwN), die hier bereits wegen der bestehenden Unfallgefahr (Stolperkanten,
Glättegefahr) sowie der nicht ausreichenden Ableitung von Regenwasser auf den
Platten nicht erreicht wird.
Unstreitig hat die
Klägerin der Beklagten im zweiten Ortstermin am 06.08.2012 gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B eine Frist zur
Mängelbeseitigung bis Ende September 2012 gesetzt. Diese ist - wie die zuvor
dargestellten Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. S vom derzeitigen
Zustand des Bodens zeigen - erfolglos abgelaufen, auch wenn die Beklagte
Nachbesserungsarbeiten vorgenommen und mit Schreiben vom 02.10.2012 (Bl. 31
d.A.) deren Abschluss angezeigt hat. Zudem hat die Klägerin der Beklagten mit
Schreiben vom 22.10.2012 (Bl. 32 f. d.A.) erfolglos eine Frist zur Anerkennung
der Sanierungskosten für die Neuerrichtung des Bodenaufbaus gesetzt.
Entgegen der Ansicht
der Klägerin ist die Beklagte - wie § 13 Abs. 6 VOB/B ausdrücklich zeigt -
zwar grundsätzlich berechtigt, die Unmöglichkeit der Mängelbeseitigung
einzuwenden. Nichts anderes gilt im Übrigen - wie § 635
Abs. 3 BGB zeigt ("unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3") - für einen
BGB-Werkvertrag. Das Beseitigen des Hochstehens der Platten
("Überzähne", Stolperkanten) ist nach den überzeugenden Angaben des
Sachverständigen Dipl.-Ing. S im Senatstermin am 19.08.2014 jedoch nicht
unmöglich in diesem Sinne. Zudem ist - unabhängig von der Frage des
erforderlichen Gefälles - auch nicht ersichtlich, dass die vorhandene
Pfützenbildung nicht durch eine gezielte Ableitung des Wassers verhindert
werden könnte. Bedenken hat der im Senatstermin angehörte Sachverständige
Dipl.-Ing. S insofern jedenfalls nicht geäußert.
Die Beseitigung der
Mängel erfordert auch keinen unverhältnismäßig hohen Aufwand. Der bloße Hinweis
der Beklagten, die Kosten beliefen sich auf fast 150 % der Auftragssumme,
reicht zur Annahme einer Unverhältnismäßigkeit nicht aus. Nach ständiger
Rechtsprechung des BGH ist eine Unverhältnismäßigkeit in aller Regel nur dann
anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer
völlig ordnungsgemäßen vertraglichen Leistung ein ganz erheblicher und deshalb
vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Hat der Besteller
hingegen objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen
Erfüllung, z.B. weil die Funktionsfähigkeit des Werkes spürbar beeinträchtigt
ist, kann ihm regelmäßig nicht wegen hoher Kosten die Nachbesserung verweigert
werden (vgl. nur: BGH, BauR 2008, 1140, juris Rdnr. 16,
18; BGH, BauR 2009, 1151, juris Rdnr. 3). So
liegt der Fall hier. Durch die Mängelbeseitigung werden u.a. das Hochstehen der
Platten und die dadurch bestehende Unfallgefahr beseitigt. Schon deswegen muss
das Interesse der Klägerin an der Mängelbeseitigung als berechtigt angesehen
werden.
…
Anmerkung: Zu den
Kosten die erforderlich sind für die Mangelbeseitigung ist qualifiziert
vorzutragen. D.h., es bedarf einer nachprüfbaren Kalkulation.