Montag, 26. September 2016

Anforderung an die Patienenverfügung



Anforderung an die Patientenverfügung

Was ändert sich nach dem BGH-Beschluss XII ZB 61/16 vom 06.07.2016 für Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht?

In der Entscheidung führt der BGH aus: "

Unmittelbare Bindungswirkung entfaltet eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901 a Abs. 1 BGB nur dann, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können. Von vornherein nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist. Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Patientenverfügung dürfen aber auch nicht überspannt werden. Vorausgesetzt werden kann nur, dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht. Maßgeblich ist nicht, dass der Betroffene seine eigene Biografie als Patient vorausahnt und die zukünftigen Fortschritte in der Medizin vorwegnehmend berücksichtigt (Senatsbeschluss BGHZ 202, 226 = FamRZ 2014, 1909 Rn. 29).

Die Äußerung, "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" zu wünschen, enthält jedenfalls für sich genommen keine hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung (vgl. BT-Drucks. 16/8442 S. 15; Palandt/Götz BGB 75. Aufl. § 1901 a Rn. 5). Die insoweit erforderliche Konkretisierung kann aber gegebenenfalls durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen."

Damit stellt der BGH konkrete Anforderungen an Wirksamkeit von Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht.

Somit dürften floskelhafte Ausführungen, wie der Wunsch nach einem menschenwürdigem Tod dazu führen, dass derart bestehende Verfügungen unwirksam sind.

Mit der Entscheidung des BGH verlieren solche Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten ihre unmittelbare Bindungswirkung. Sofern Sie ihre Patientenverfügung nicht anpassen, stehen sie im Ernstfall ohne wirksame Verfügung da, so dass Ärzte und Betreuer unter Umständen keine Möglichkeit mehr haben, ihren Willen umzusetzen – etwa zur Frage, ob lebenserhaltende ärztliche Eingriffe trotz fehlender Heilungsmöglichkeiten ausgeführt werden sollen oder nicht.

Laut BGH müssen Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten ganz konkret formuliert sein. D.h., es muss „hinreichend klar umschrieben sein, dass sich die Bevollmächtigung auf die im Gesetz genannten ärztlichen Maßnahmen sowie darauf bezieht, dass diese unterlassen oder ausgeführt werden sollen“.

Außerdem muss sich aus der Erklärung deutlich ergeben, dass die jeweilige Entscheidung mit der begründeten Gefahr des Todes oder eines schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schadens verbunden sein kann.

Es muss für Dritte nachvollziehbar sein, dass sich die Bevollmächtigung auch gerade auf Situationen bezieht, in denen es um Leben und Tod geht.

Eine Patientenverfügung entfaltet nach Auffassung des BGH nur dann unmittelbare Bindungswirkung, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können.

Zugleich stellt der BGH aber klar, dass die Anforderungen an die Bestimmtheit der Patientenverfügungen auch nicht überspannt werden dürfen. Es könne nur vorausgesetzt werden, dass der Betroffene umschreibend festlege, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation wolle und was nicht. Es könne aber nicht von ihm verlangt werden, seine eigene Patientenbiografie vorauszuahnen und künftige medizinische Fortschritte bereits zu berücksichtigen.

Nach Auffassung desBGH ist jedenfalls die Formulierung „keine lebenserhaltende Maßnahmen“ nicht ausreichend konkret. Eine hinreichend konkrete Formulierung ergebe sich aber durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen.

Zu empfehlen ist somit die Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht so präzise wie möglich zu formulieren – etwa durch Benennung konkreter Krankheiten und etwaiger ärztlicher Maßnahmen, die ausgeführt oder eben nicht ausgeführt werden sollen. Die Erklärung muss ferner unbedingt klarstellen, ob sie auch für den Fall gelten soll, dass eine Entscheidung auf ihrer Grundlage über ärztliche Maßnahmen und deren Abbruch zum Tod oder einer schweren und länger andauernden Krankheit führen kann.